Tessin 2012: Reprise für Senioren.


Mal wieder mit W., nun 77 Jahre alt. Wollte keine 6-Stunden-Etappen, und keine langen Alm- oder Schuttmärsche. Also wieder Tessin: Dort krasse Wechsel auch auf kurzen Strecken. Mit W.'s Erfahrung wollte ich Dinge angehen, vor denen ich letztes Jahr glücklicherweise gekniffen hatte: Passo dei Sassi, Passo Grandinagia, ev. Campo Tencia Besteigung. Schnell zeigte sich jedoch, dass W. dafür weder Kondition, noch Geschicklichkeit und Trittsicherheit mehr besaß. Zum Glück waren alle meine geplanten Etappen deutlich unter 6 Stunden.

Hier kann man die Planung als pdf laden, und hier die Kostenabrechnung. Die Woche hat pro Person 439 Eur gekostet.
Viele der geplanten Strecken bin ich 2011 (Robiei) oder 2008 (Giro Campo Tencia) gegangen.


Dienstag: Anreise mit dem Auto nach Airolo. Ankunft ca 15.00 Uhr. Übernachtung in Privatpension gegenüber dem Bahnhof. Schön wäre es ja gewesen, man hätte schon nach Pesciüm hochfahren können, aber dort keine Übernachtungsmöglichkeit. Abends W.'s traditioneller Nudelsalat und eine sehr gute Flasche Wein.

Mittwoch: Pesciüm-Cap. Cristallina Wir schaffen es, den ersten Lift um 8:00 Uhr nach Pesciüm zu erreichen. Am späten Vormittag Rast bei der Alpe Cristallina. Dann Aufstieg. Problemloser Weg. Ich gehe vor, mache an hübscher Stelle Rast, hole später W. wieder ein. Gegen 17:00 Uhr ist W. im Rifugio, will sagen: 8:15 bis 17.00 Uhr für nominell 5 Std. Gehzeit.
Cap. Cristallina gefällt mir besser als letztes Jahr, habe ja auch Gesellschaft. Meine Telefonnummer von Rif. Maria Louisa funktioniert nicht, obwohl der Hüttenwirt von Cap. Crist. sie bestätigt. Er ruft schließlich selbst für uns an und reserviert für den nächsten Abend.

Donnerstag: Cristallina-Robiei Geplant ist genau die Strecke, die ich letztes Jahr gegangen bin. Aber letztes Jahr war Nebel, ich hatte die Landschaft praktisch nicht gesehen. Nun aber strahlendes Wetter. Im kleinen Bachtal unterhalb von Arxo machen wir Mittagspause (um die Zeit war ich letztes Jahr schon an der Bocc. di Valle Maggia...)
W. geht immer mühsamer, ich bemerke, dass er, wie das bei Müdigkeitsapathie so ist, die Füße recht achtlos setzt. Wir sind nun kurz oberhalb der Wochenendhäuser von Arxo, es ist schon 16.00 Uhr. Ich kalkuliere, dass wir es so gar nicht zeitig bis nach Maria Louisa schaffen können, und beschließe, nach dem nahen Robiei abzusteigen. Wir erhalten noch Platz im Rif. Basodino, und die annullieren auch für uns die Reservierung in Maria Louisa. Ich bin ziemlich enttäuscht, eine Halbtagesetappe erweist sich als zu lang und schwierig, da kann ich meine Planung gleich ganz in den Wind schreiben!

Freitag: Rif Basodino-Rif. Poncione di Braga.
W. meint, wir sollten doch den Aufstieg zum Rif. Poncione di Braga wagen, das Wetter ist ja auch bestens. Das wurde nun in der Tat der schönste Teil der Wanderung für mich, auch das einzige nennenswerte Stück, das echt neu für mich war.
Der Weg steigt sehr steil an einer Wiesenkante gegenüber dem Rifugio an (Einstieg an der Bachbrücke unten östlich des Rif., Wegweiser Btta des Masnee), und erreicht danach, fast horizontal, das Tal, welches vom Lago Cavagnöö und Lago Bianco nach Robiei führt, allerdings bleibt man auf der orographisch linken Bachseite. Am Ende des steilen Anstiegs war die Abzweigung der Alternativroute über die Btta del Masnee (blau markiert, also vielleicht unangenehmer, und am steilen Südhang: Sicher landschaftlich nicht so schön), der Weg schien, so weit wir ihn einsehen konnten, neu gepflegt zu sein, schließlich wiesen ja auch Wegweiser auf ihn hin.
Nach Lielp kurvt unser Pfad zur Btta della Froda sehr steil ins Valletta hinein. Kurz, bevor das Gelände von Gras in Schutt überging, paar hübsche kleine Seen. Hier machten wir Mittagspause. Dann im Schutt mit viel kleinem Auf und Ab Höhe haltend geht man einen großen Bogen, bis unser Weg zur Btta della Froda vom Pfad zum Lago Nero abzweigt. Irgendwo in den Steinblöcken fand ich keine Markierung mehr, nur ein recht angeblichenes Zeichen 20 Meter höher im Steilhang, in dem sich Felsabbrüche mit Grasbändern abwechselten. Wir stiegen dort hoch, und fanden weitere verblichene Zeichen, wohl eine alte Wegführung, auf Bändern im Steilhang. Die Frage, ob man auch so zum Pass kommt,- vielleicht hört die Markierung auf,- dies ist kein Gelände zum Experimentieren. Nach einem Schritt um eine Felskante herum war aber zu erkennen, dass wir nun praktisch horizontal recht hübsch zum Pass gelangen konnten, und sahen wirklich den neuen Weg unten im Geröll hochziehen. Es war schätzungsweise 15:00 Uhr. Wir genossen den Blick vom Pass auf die ganze Seenlandschaft von Robiei, den Basodino, die Zentralalpenkette jenseits des Valle Bedretto (Mittagshorn?), den Lago Nero usw. Wunderschöne Aussicht. Mit meinem Handy machte ich hier die einzigen (wenig Pixel!) Fotos dieser Wanderung:
Basodino
Links der Basodino. Restgletscher, aber immer noch gewaltig. Unterhalb der geschliffene Fels, war früher auch alles Gletscher.  Rechts unterhalb die Steilabbrüche, unter denen der Lado del Zött liegt.

Das Bild unten links schließt rechts an das Basodinobild an. Man sieht unten links den See von Robiei mit dem Hochhaus, in der Mitte oben den Lago dei Cavagnöö, rechts unter ihm den Lago Bianco (kein Stausee). Mit roten Punkten habe ich einen Teil des Weges vom Vortag eingezeichnet: Zwischen Lago Bianco und Lago dei Cavagnöö kamen wir, von Cristallina kommend, zur Straße, auf ihr hoch zur Staumauer des Cavagnöö. über diese, auf der anderen Seite hoch auf die Cresta del Arxo (Haus bei 2447), dann runter in die Bachkerbe. dort nach Mittagspause hoch zu den Häusern von Arxo (weißer Fleck), dort noch etwas weiter nach links hoch, dann umgekehrt, und schließlich runter nach Robiei.
 
Bild rechts unten enhält auch noch den Lago Nero, wenig tiefer als unser Pass.

Robiei Lago Nero


Nach Osten runter auf weitem Grat mit flachen Felsplatten, angenehm zu gehen. Wir sind der Markierung bis zum Joch Filo della Taneda gefolgt. Vermutlich hätte man sich mehr südlich halten können und so günstiger auf den Weg zum Rif. P. di Braga gelangen können, aber dazu muss man sich auskennen, um den in der Wiese teils gar nicht vorhandenen Pfad nicht zu verpassen, was unangenehm wäre, denn entgegen erstem Anschein gab es in dem Hang etliche Felsabbrüche. Schon vor dem Filo della Taneda hatte ich mich von W. getrennt, um an der Hütte zu reservieren. Wir dachten, der Weg sei ab nun ungefährlich. Die Hütte sah man unten, auf der gegenüberliegenden Seite des weiten Wiesenrunds. Nun, der Pfad von Filo della Taneda zum Rifugio war nicht ganz trivial: Im ersten Teil sehr schwer auszumachen, und dann ein paar ein wenig heikle Querungen von Bachkerben. Die Hütte war zum Glück leer. Nur eine Person hatte ein Bett belegt, und Proviant in der Küche bereitgelegt. Als ich alles so weit eingerichtet hatte, ging ich wieder zurück, W. entgegen, denn er war schon sehr müde gewesen, als wir uns getrennt hatten, und ich machte mir Sorgen, wie es ihm auf der unerwartet langen und heiklen Querung ergehe. Zusammen kamen wir dann gut an. Ihm, sagte er, sei eine etwas ältere Frau begegnet, die hoch zur Btta della Froda geschritten sei. Diese kam dann kurz nach W. am Rif. an, es waren ihre Gegenstände, die ich gesehen hatte. Sie, Regina,- "auf der Hütte duzt man sich doch", war morgens um 11.00 Uhr im Tal losgegangen, in der Hitze 1000 m aufgestiegen, und nach kurzer Pause eben noch zur Btta hochgeeilt und nun schon wieder runter. Sie habe früher Alpinmarathon gemacht, aber nun sei sie voller Metasthasen und müsse starke Medikamente nehmen, sie habe nicht damit gerechnet, diesen Sommer noch zu erleben.Sie wandert ohne Karte, und kann sich bei dieser Geschwindigkeit und Kondition auch Irr- und Umwege erlauben. Am nächsten Morgen war sie schon aufgebrochen, und wir mussten feststellen, dass sie ihre Medikamente liegen gelassen hatte!.

Samstag: Rif Poncione di Braga-Rif. Soveltra:
Abstieg durch Wald nach Piano di Peccia. Natürlich waren wir zu langsam, um den Bus um 11.10 zu erreichen. Im Ort kamen wir mit Deutschschweizern ins Gespräch, dort Wochenendhaus, und W. bewegte den Herrn, uns mit seinem Auto nach Prato-Sornico zu fahren. Dort starteten wir nach 13.00 Uhr langsam zum Aufstieg nach Rif. Soveltra, auf Schottersträßlein gut 1 Stunde, kurze Pause am Kirchlein von Monte di Predee. Dann "gab W. mir frei", mein eigenes Tempo nach Soveltra zu gehen, was angenehm war, das war das einzige Stück dieser Wanderung, bei dem ich mal normal zügig steigen konnte. Der Weg ist eindrucksvoll: Erst sehr steil, schlecht markiert (richtig ist immer, was steil hoch geht) auf hübschem Maultiersteig, dann erreicht man kurz wieder die Naturstraße bis zu einer Art Wasserwerk, weiter auf hübschem Pfad am Hang des tief gekerbten Tales, zuletzt eine veritable Klamm, der Weg hier mit Geländer und Fels- und Steinstufen, alles feucht durch die vielen Wasserfälle. Wilde Landschaft, aber halt sehr erschlossen.Danach lichter Almwald, und bald schon die Hütte. Es war noch warm und hell, ich konnte runter zum Bach gehen und zwischen Felsbrocken eine hübsche Bade- und Trockenstelle finden.
In Soveltra kommen nun viele an, die die Via Alta des Maggiatales gegangen sind.

Sonntag: Soveltra - Barone
Die nächsten zwei Etappen kannte ich schon vom Giro del Campo Tencia her, nur hatten wir, inklusive Besteigung des Barone, diese beiden Etappen an einem Tag gemacht. Wir waren nun von morgens bis in den frühen Nachmittag unterwegs von Soveltra nach Rif. Barone. Dieses war sehr bevölkert, abends waren alle Schlafplätze belegt. Wir lagen zum Glück direkt am großen Fenster, ich konnte lange die Kühe in der Dunkelheit unten und die Sterne und Flugzeuge oben beobachten. An der Hütte auch drei Almhirten, die Hütte dient noch als obere Alm. Die Milch leiten sie nach dem Melken (von Hand) durch einen langen Schlauch zur mittleren Alm, wo die Einrichtung für die Weiterverarbeitung ist. Es sei hier oben zu steinig. Sie waren zu dritt, und melkten 24 Kühe.... Am morgigen Tag wollten sie wieder runter zur mittleren Alm ziehen. Es stellte sich heraus, dass der hübsche Hund gar nicht ihrer war, sondern er sei vor 3 Tagen mit Wanderern von Sponda herüber gekommen.

Montag: Barone - Sponda
Spiegelung im Lago Barone
Am nächsten Morgen wäre ich gerne alleine aufgebrochen, auf den Barone gestiegen, und hätte mich dann mit W. am Lago Barone getroffen. Das Stück danach über die Bassa del Barone war zu schwierig, als dass ich ihn  alleine dort hätte gehen lassen. Leider willigte W. nicht ein, so starteten wir wieder zusammen, ich wartete am See auf ihn. Wieder, wie damals, war ich von der perfekten Spiegelung im See beeindruckt. Diesmal gelang es, diese in einem Foto so einzufangen, dass ich nachträglich zu hause das Foto nicht identifiztieren konnte, weil ich den See nicht darin fand!  Wenn man es weiß, sieht man ihn sehr wohl, aber ...

Schließlich stiegen wir zusammen zur Bassa hoch. Dieser Weg kam mir wieder erstaunlich einfach vor.
 Der Hund von gestern abend tauchte auf und schien mit uns laufen zu wollen. An der Bassa oben verschwand er in der Felswand, man hörte ihn mal bellen so wie beim Hetzen von Wild, dann schaute er oberhalb eines Felsabbruches heraus runter ins Tal von Sponda. Ich dachte, er habe sich in den Felsen verstiegen und finde nicht mehr herunter, aber bald war er wieder da, und lief lange genau an meiner Wade mit. W. fand den Abstieg, besonders das endlose Stück in Geröll und Blocklandschaft, extrem mühsam. Wir bewunderten, dass der Hund Steinböcke auf einem gut 300 m entfernten Wiesenband in einer Felswand wahrnahm, durch das Blockfeld dorthin lief, in den Felsen kletterte bis kein Weiterkommen mehr war, und in kürzester Zeit sich wieder bei uns einfand. Ein wunderschönes, und geschicktes Tier! Am Ende des Blockfeldes Pause, dann ging ich vor zur Hütte, der Hund folgte mir.

Sponda war im Bau. Ca. 8 Handwerker waren auf Dach und Gerüsten. Ich hoffte, dass irgend jemand sich als Eigner des Hundes herausstellte, doch dem war leider nicht so. Abends saßen wir mit zwei Deutschen, die aus dem Tal aufgestiegen waren, das heißt, sie hatten in Ces übernachtet. Da W. keine weiteren schwierigen Wege mehr gehen wollte, entschieden wir, unsererseits am nächsten Tag nicht über den Passo di Ghiacciaione zum Rif. Campo Tencia zu gehen, sondern außen herum durch den Wald den Höhenzug zu umrunden.

Dienstag: Sponda - Ces
Also Waldpfade und Wege. Normalabstieg nach Cala, dort schon Pause. Ein Wochenendhausbewohner machte uns Kaffee! Weiter über Doro, das ist ein Dorf, in dem es noch wirtschaftende Bauern gibt (und entsprechend viel Ziegenmist), nach Ces. Dieses Dorf wird von einer Initiative teilweise wieder original aufgebaut. Einen Eindruck von Dorf, Landschaft und Initiative vermitteln diese Webseiten:
http://www.cultura-monti.ch/cms/   http://www.cesnet.ch/ces/index2.html  und kurz und informativ hier: http://www.oekoreisen.de/index.php?sprache=de&auswahl=7&suche=&hoefe_id=35
Wir hatten das Glück, in einem Haus übernachten zu können, und die Beiden, welche momentan die Initiative dort vertraten, bekochten uns auch (was nicht selbstverständlich ist): Eine junge Italienierin, und ein Schweizer Biologe. Ich machte einen sehr schönen Spaziergang rund um das Plateau.

Mittwoch: Ces- Chirronico
W. will nun auch nicht mehr weiter gehen Richtung Dalpe oder Campo Tencia, wir steigen nach Chironico ab, landschaftlich weiter sehr schön, und sind dort 5 Minuten, bevor ein Bus ganz ins Tal fahren soll. Tut er aber nicht, in der Schweiz ist Feiertag.Wir trennen uns: Ich gehe in knapp 30 Minuten runter nach Lavorgo, W. will per Anhalter dorthin. Ich komme 10 Minuten zu spät für den stündlichen Bus Richtung Airolo. Dann kann ich beim Warten ruhig den Daumen rausstrecken. Das allererste Auto hält und nimmt mich bis Airolo mit, und dort kann ich gerade noch in den Bus springen, der nach Nante startet, also am Lift vorbeikommt. Ich fahre mit meinem Auto zurück zum Bahnhof von Airolo, und dort sitzt auch W. schon in einem Cafe! Es ist gerade mal Mittag. Essen ist hier zu teuer. nach einem Getränk steigen wir ins Auto und fahren durch bis zum Niederrhein.

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